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Ewald Zadrazil

Ängste

Ängste 813 542 Ewald Zadrazil

Fritz Riemanns „Grundformen der Angst“

Fritz Riemann, ein Tiefenpsychologe, geht davon aus, dass zwar alle Menschen individuelle Ängste haben, dass es aber auch viele Ängste gibt, die allen Menschen gemeinsam sind. So vielfältig demnach des Phänomen Angst sich auch darstellt – es gibt praktisch nichts, wovor man nicht Angst entwickeln kann – geht es doch meist immer um Varianten ganz bestimmter Grundängste.

Die Existenz von Ängsten ist weitgehend unabhängig von Kultur und Zeitalter, was sich ändert sind lediglich die Angstobjekte. Waren es früher Naturgewalten, die den Menschen Angst machten, sind es heute Bakterien, Verkehrsunfälle oder Einsamkeit, die Angst auslösen. Ängste sind dabei grundsätzlich nichts Negatives, sondern sie lassen Menschen beispielsweise auch über sich selbst hinaus wachsen.

Ursache aller Ängste ist das Faktum, dass menschliches Leben und dessen Gestaltung vier Grundforderungen unterliegt, die einander antinomisch als polare Gegensätze zugeordnet sind und sich so gleichzeitig ergänzen:

„Wir sollen ein einmaliges Individuum werden, unser Eigensein bejahen und uns gegen anderes Eigensein abgrenzen <–> Wir sollen uns der Welt, dem Leben und den anderen Menschen vertrauend öffnen und uns auf sie einlassen.
Wir sollen Dauer anstreben, Pläne machen, diese nachhaltig und zielstrebig verwirklichen <–> Wir sollen uns wandeln, Veränderungen und Entwicklungen durchmachen, Vertrautes und Gewohntes aufgeben.“

Riemann erläutert diese Notwendigkeiten und die damit verbundenen Ängste anhand des Gleichnisses der vier Bewegungen der Erde:

„Die Erde dreht sich um die Sonne, was er eine Revolution oder „Umwälzung“ nennt. Das Zentrum der Rotation liegt außerhalb der Erde. Wenn diese Rotation von der Erde verneint werden würde, müsste sie selbst zur Sonne werden und wäre der Mittelpunkt der Welt.
Dann dreht sich die Erde um die eigene Achse, d.h., sie vollzieht also eine „Eigendrehung“ und hat somit das Zentrum der Rotation in sich. Wenn diese aufgegeben werden würde, wäre die Erde nur noch der Mond von der Sonne und würde unter deren Abhängigkeit stehen.
Die Schwerkraft, das Zentripetale, ist die Kraft, die zur Mitte strebt, also nach innen. Gäbe es diese nicht, würde die Erde auseinander brechen. Die Fliehkraft, das Zentrifugale, ist die Kraft, die der Mitte flieht, also nach außen strebt. Ohne diese würde die Erde erstarren und wäre zur Unveränderlichkeit verdammt.“

Riemann nimmt nun an, dass diese vier Bewegungen unbewussten Triebkräften und latenten Forderungen des Menschen entsprechen, die sich alle als Ängste unseres Lebens manifestieren:

  • die Angst vor der Selbsthingabe, als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt
  • die Angst vor der Selbstwerdung, als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt
  • die Angst vor der Wandlung, als Vergänglichkeit und Unsicherheit empfunden
  • die Angst vor der Notwendigkeit, als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt

Aus den vier Grundformen der Angst lassen sich vier Persönlichkeitsstrukturen ableiten. Personen, deren grundlegendes Problem die Angst vor der Hingabe ist, werden zu schizoiden Persönlichkeiten, die die Selbstbewahrung überbewerten. Die Angst vor der Selbstwerdung kann zur depressiven Persönlichkeitsstruktur führen. Bei den zwanghaften Persönlichkeiten wird die Angst vor der Wandlung zur dauerhaften Sorge. Aus der Angst vor der Notwendigkeit kann schließlich eine hysterischer Persönlichkeitstyp entstehen. Jeweils zwei Angstformen sind zu einem Gegensatzpaar zusammengefasst, die sich dichotom gegenüber stehen. Das erste Angst-Paar besteht aus der Angst des depressiven und des schizoiden Menschen, das zweite aus der Angst des zwanghaften und des hysterischen Menschen.

Der depressive Mensch: Die Erde umkreist die Sonne. Das Zentrum der Rotation liegt außerhalb der Erde. Genau dieser Effekt tritt auch bei einigen menschlichen Persönlichkeiten auf: Sie rotieren Selbstwerdung, die als Ungeborgenheit und Isolation erlebt wird. Die gefühlsmäßige Trennung von seiner sozialen im übertragenen Sinne um andere Menschen herum. Dabei versuchen sie die Rotation um sich selbst herum so weit wie möglich zu unterbinden. Diese Menschen sind im weitesten Sinne als Gruppenmenschen zu bezeichnen. Die zugrunde liegende Angst ist die Angst vor der Umwelt bedeutet für ihn einen kleinen Tod.

Der schizoide Mensch: Die Erde rotiert um sich selbst und hat somit das Zentrum der Rotation in sich. Übertragen auf die menschliche Psyche bedeutet dies, dass der betroffene Mensch mit seinen Gedanken und Gefühlen um sich selbst kreist; dabei versucht er die Rotation um andere Menschen so weit wie möglich zu vermeiden. Hier finden wir häufig Einzelgänger. Seine typische Grundangst liegt darin, daß er sich vor der Selbsthingabe fürchtet, die er als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt. Ein Ich-Verlust bedeutet für ihn nichts anderes als ein psychologischer Tod.

Der zwanghafte Mensch strebt die Dauer an, möchte sich in dieser Welt häuslich niederlassen und die Zukunft planen. Sein Wunsch ist eine feste, verlässliche, Zukunft. So wie die Zentripetalkraft möchte er alles verdichten, auf das es sich nicht mehr bewegt, damit eine Stabilität gegeben ist. Seine Angst betrifft die Vergänglichkeit, das Irrationale und Unvorhergesehene. Alles Neue ist für ihn ein Wagnis und planen ins Ungewisse ist ihm ein Greuel. In seinem Erleben ist die Vergänglichkeit gleich einem Tod.

Der hysterische Mensch: Er ist immer bereit, sich zu wandeln, Veränderungen und Entwicklung zu bejahen, Vertrautes aufzugeben und alles nur als einen Durchgang zu erleben. Das Neue hat für ihn einen unwiderstehlichen Reiz, das Unbekannte zieht ihn magisch an. Damit verbunden ist die Angst vor Ordnung, Notwendigkeiten, Regeln und Festlegungen. Sein Freiheitsdrang schlägt um in die Angst vor dem Tod als Erstarrung.

Da sich diese Grundängste nie gänzlich vermeiden lassen und sie auch wichtig für unsere Entwicklung sind, „bezahlen“ wir jeden Versuch, ihnen auszuweichen, mit vielen kleinen, banalen Ängsten. In der Verschiebung, Verharmlosung und karikierenden Verzerrung der Daseinsängste erscheinen diese neurotischen Ängste manchmal als unsinnig, dennoch sollten sie als Alarmzeichen und Hinweis verstanden werden, dass wir auf irgendeine Weise etwas Unvermeidliches vermeiden wollen, anstatt uns damit auseinander zu setzen.

Neben diesem Dilemma des Unvermeidlichen der Ängste stellt auch das Leben zwei Forderungen an den Menschen, die in Konkurrenz zueinander stehen: Je mehr ein Mensch der Forderung nach Selbstwerdung nachkommt und die damit verbundene Angst (Geborgenheitsverlust, Isolierung von der sozialen Gruppe) überwindet oder verdrängt, desto mehr wird er sich zu einer schizoiden Persönlichkeit entwickeln und desto weniger kann er der Forderung nach Selbst-Hingabe erfüllen und umso mehr Angst hat er vor dieser Selbsthingabe und umgekehrt. Das Ziel ist eine Ausgewogenheit zwischen den verschiedenen Aspekten: Wer genauso schizoid wie depressiv ist und genauso zwanghaft, wie hysterisch wird von Fritz Riemann als ein seelisch gesunder Mensch beschrieben.

Die Riemannschen Grundstrukturen sind als idealtypische Abstraktionen aufzufassen, die in „reiner“ Form nicht existieren. Riemann betont, dass seine Grundstrukturen nicht gut oder schlecht, sondern alle vier wichtig und nützlich für die verschiedenen Lebensbedürfnisse sind. Störungen sind in zweierlei Richtung denkbar: Überausprägungen oder Einseitigkeiten, die auch als relative Über- bzw. Unterausprägungen aufgefasst werden können (vgl. Sponsel 2001).

Riemann versteht seine Typologisierung nicht als ein endgültiges Schema an, dem man nicht mehr entrinnen kann, aber wer gelernt hat, Gegenkräfte wie Mut, Vertrauen, Erkenntnis, Macht, Hoffnung, Glaube und Liebe zu entwickeln, kann mit diesen Ängsten umgehen und sie als Schritte in der menschlichen Entwicklung erkennen. Wer jedoch zu früh altersunangemessene Ängste erleben musste und in seiner Umgebung keine Hilfe fand, mit diesen umzugehen, wird auch später neue Ängste als viel gefährdender erleben. Gelingt es einer Person gar nicht, mit einer Angstform umzugehen, kann diese zur vorherrschenden Angstform in deren Leben werden und so die Persönlichkeit bestimmen.

Diese Typologie spielt auch bei Partnerschaften und in der Partnerwahl eine Rolle, wobei das Grundproblem darin liegen kann, dass in solchen Beziehungen die Tendenz besteht, die ohnehin vorhandene Grundtendenzen des Typus noch zu verstärken.

Wenn sich schizoide und depressive Partner anziehen, dann ahnt möglicherweise der Schizoide instinktiv die Liebesbereitschaft und Liebesfähigkeit des Depressiven, seine Opferbereitschaft, sein einfühlendes Ich-Bemühen. Hier kann er sich aufgehoben fühlen. Andererseits fasziniert den Depressiven am Schizoiden, dass dieser etwas lebt, was er sich nicht zu leben gewagt hat: unabhängiges Individuum zu sein, ohne Verlustangst und Schuldgefühle. Zugleich spürt er, dass hier jemand ist, der seine Liebesbereitschaft dringend braucht. Eine solche Konstellation kann gelingen aber auch in die Katastrophe führen, denn wenn sich der Schizoide zu sehr eingeengt fühlt, wird er sich zu lösen versuchen, was dazu führt, dass der Depressive sich vernachlässigt fühlend näher an den Schizoiden herankommen möchte.

Wenn sich zwanghafte und hysterische Partner instinktiv anziehen, dann fasziniert den Zwanghaften die Buntheit, Lebendigkeit, die Risikofreudigkeit und die Aufgeschlossenheit des hysterischen Gegentypus, denn er selbst erlebt sich häufig als unnötig eingeengt. Der Hysterische wiederum ist fasziniert vom Zwanghaften aufgrund dessen Ruhe, Stabilität, Solidität, der Konsequenz und Verlässlichkeit, die ihm selber so fehlen. Diese Konstellation kann kritisch werden, wenn der Zwanghafte sich ebenso behaupten möchte wie der Hysterische, wobei der Zwanghafte immer pedantischer und der Hysterische immer sprunghafter wird, weil er den Eindruck hat, der Zwanghafte möchte ihm den Freiraum, den er zum Atmen braucht, wegnehmen.

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Depression

Depression 814 543 Ewald Zadrazil

Depression ist eine Erkrankung, die mit Niedergeschlagenheit sowie körperlichen und psychischen Störungen einhergeht. Das können beispielsweise Schlafstörungen, Antriebslosigkeit und Verdauungsstörungen sein. Schätzungsweise fünf Prozent der Bevölkerung in Deutschland leiden derzeit an einer behandlungsbedürftigen Depression – in Deutschland sind das etwa vier Millionen Menschen.

Etwa dreimal so groß ist aber die Zahl derjenigen, die irgendwann im Laufe des Lebens an einer Depression erkranken. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO erkranken ungefähr zwei- bis dreimal so viele Frauen wie Männer.

Man nimmt an, dass die Neigung zur Depression zum Teil vererbbar ist. Hat man bereits einmal eine Depression durchlebt, so besteht ein erhöhtes Risiko, dass die Krankheit erneut auftritt.

Formen der Depression

Unipolare Depression 
Sie ist die häufigste depressive Erkrankung. Der Name „unipolar“ (=einpolig) kommt daher, dass die Patienten nur depressive, aber keine manischen Phasen haben. Hauptsymtome sind das Morgentief, frühe Aufwachen, Schlafstörungen in der zweiten Nachthälfte und Niedergeschlagenheit.

Bipolare affektive Störung
Die bipolare affektive Störung ist durch depressive und manische Phasen gekennzeichnet. In der Manie dominiert bei den Betroffenen ein übersteigertes Selbstverständnis; auch die eigenen Fähigkeiten werden überschätzt . So können manische Patienten wochenlang die Nächte durcharbeiten, ohne Müdigkeitserscheinungen wahrzunehmen.

Dysthymie, Zyklothymie
Bei der Dysthymie sind die depressiven Symptome etwas weniger ausgeprägt als bei der unipolaren Depression. Sie beginnen aber oft schon im Jugendalter und verlaufen chronisch, erstrecken sich also über weite Lebensabschnitte.

Bei der Zyklothymie, dem bipolaren Gegenstück zur Dysthymie, kommt es zu leichter ausgeprägten manischen und depressiven Phasen.

Winterdepression

Von einer saisonal abhängigen Depression spricht man, wenn die depressiven Symptome regelmäßig im Herbst oder Winter auftreten und im Frühjahr oder Frühsommer wieder vergehen. Diese Form der Depression dauert also höchstens fünf bis sechs Monate an. Das typische Anzeichen ist die Energielosigkeit, weniger die depressive Verstimmung.

Quelle: http://www.netdoktor.de

Paragraph 95

Paragraph 95 813 542 Ewald Zadrazil

Beratung von Eltern, über die spezifischen Bedürfnisse ihrer minderjährigen Kinder bei einer Scheidung.

Nach § 95 Abs. 1a Außerstreitgesetz (AußStrG) haben Eltern vor Abschluss oder Vorlage einer Regelung der Scheidungsfolgen bei Gericht zu bescheinigen, dass sie sich über die spezifischen aus der Scheidung resultierenden Bedürfnisse ihrer minderjährigen Kinder bei einer geeigneten Person oder Einrichtung haben beraten lassen.

Grundgedanke der Norm ist, dass Eltern auf diese Weise in die Lage versetzt werden zu erfahren, wie Kinder auf emotionaler Ebene die Scheidung erleben.Dadurch soll ihnen die Möglichkeit eröffnet werden, ihre Trennung so zugestalten, dass sie für ihre Kinder möglichst wenig Leid bedeutet, und sich für diese sogar Entwicklungschancen eröffnen.

II. Inhalte der Beratung
Gemäß den in der Präambel formulierten Zielsetzungen, den bisher gemachten Erfahrungen und der fachlichen Expertise der Teilnehmerinnen und Teilnehmerder Fachtagung am 22.3.2013 werden im Folgenden inhaltliche Schwerpunkte empfohlen, die in der Elternberatung nach § 95 Abs. 1a AußStrG beachtet werden sollen.
In den Beratungsangeboten sollen demnach folgende Inhalte thematisiert werden:

  • § Das Erleben der Kinder, deren Bedürfnisse, Wünsche, Nöte, Ängste und Reaktionen im Zusammenhang mit der elterlichen Scheidung sollen im Mittelpunkt der Beratung stehen.
  • § Die Rechte der Kinder (auf Fürsorge, Geborgenheit und den Schutz der körperlichen und seelischen Integrität, auf Berücksichtigung ihrer Meinung sowie auf verlässliche Kontakte zu beiden Elternteilen) und die damit verbundenen Konsequenzen für die Gestaltung der aktuellen und zukünftigen Lebenssituation der Kinder sollen verdeutlicht werden.
  • § Die emotionalen Herausforderungen und Konflikte von Eltern sollen angesprochen und thematisiert werden.
  • § Eltern sollen auf die verschiedenen Möglichkeiten zur Unterstützung und Entlastung der Kinder aufmerksam gemacht werden.
  • § Es soll auf die Chancen hingewiesen werden, die aus einer Scheidung erwachsen können (etwa das Aufwachsen in weniger konfliktbehafteter Atmosphäre).
  • § Die Inanspruchnahme von Beratung soll enttabuisiert und auf weiterführende unterstützende und beratende Angebote soll verwiesen werden.

Ergänzend ist anzumerken, dass die Inhalte der Beratung auf das Lebensalter und den jeweiligen Lebensabschnitt der betroffenen Kinder/Jugendlichen abgestimmt werden müssen und die aktuelle Scheidungssituation berücksichtigt werden muss.

II.1 Inhalte, die auf der Kinderebene zu vermitteln sind
Im nachfolgenden Kapitel sind jene inhaltlichen Richtlinien formuliert, die sich auf das Erleben der Kinder im Kontext von Scheidung beziehen. Hier ist zu zeigen, wie sich das Erleben der Kinder auf ihre mittel- und langfristige seelische und geistige Entwicklung auswirkt: Psychosomatik, Selbstwert, Schulkarriere, Über- Ich-Entwicklung, geschlechtliche Identität, Einstellung zum anderen Geschlecht, Vertrauen in Beziehungen und Liebesfähigkeit, die Wahrscheinlichkeit, psychisch gesund zu bleiben oder zu erkranken (Aggressivität, Depressionen).

Im Rahmen dieser Empfehlungen von Qualitätsstandards für Beratungsangebote nach § 95 Abs. 1a AußStrG ist es nicht möglich, auf „alle Inhalte“ einzugehen. Im Folgenden sind deshalb jene Themenfelder genannt, die jedenfalls Gegenstand des Beratungsangebots sein sollten.

II.1.1 Bedürfnisse, Gefühle und Konflikte der Kinder
Im Rahmen der Beratung nach § 95 Abs. 1a AußStrG sollen Eltern im Hinblick auf das emotionale Erleben der Kinder darüber informiert werden, dass die

Scheidung der Eltern:

  • § bei Kindern immer das Erleben eines massiven Verlusts bedeutet (auch wenn in gewisser Hinsicht in der aktuellen Lebenssituation des Kindes eventuell eine Form von Entspannung eingetreten ist),
  • § einen schmerzlichen Einschnitt in die Lebenssituationen der Kinder bedeutet und immer eine Fülle von Gefühlen, Ängsten und Konflikten verursacht,
  • § Gefühle von Ohnmacht, Hilflosigkeit, Wut und Scham bei Kindern auslöst und
  • § Kinder mit Schuldgefühlen belastet, da sie davon ausgehen, dass „eigenes, kindliches Fehl-Verhalten“ der mögliche Grund für die Scheidung gewesen sein könnte,
  • § Ängste auslöst, den Elternteil – der eventuell weggeht oder nicht mehr so häufig da ist – (ganz) zu verlieren,
  • § Loyalitätskonflikte verursacht und Kinder versuchen, auf der einen und der anderen Seite jedes Elternteils zu stehen und den Vorstellungen des jeweiligen Elternteils zu entsprechen.

II.1.2 Erfahrungen, die Kinder brauchen und machen wollen
In der Beratung soll des Weiteren auch auf jene Wünsche eingegangen werden, die das Bedürfnis nach bestimmten Beziehungserfahrungen ausdrücken.
Dazu gehört der Wunsch (und das Recht),

  • § beide Eltern gleich lieb haben zu dürfen,
  • § Kontakt und Nähe zu beiden Elternteilen zu haben,
  • § keine Abwertungen und Beleidigungen über den anderen Elternteil hörenund erfahren zu müssen,
  • § die Phantasie und die Hoffnung zu haben, dass (wider jede rationale Einschätzung) „eventuell, eines Tages, alles wieder gut werde“ und die Eltern wieder zusammenfinden,
  • § neue Partner der Eltern nicht sofort kennenlernen zu müssen,
  • § neue Partner mögen und lieb haben zu dürfen und dabei aber auch den leiblichen Elternteil als das Einzigartige und Besondere beibehalten und Zeit mit ihm/ihr verbringen zu dürfen,
  • § nach Kontinuität und Aufrechterhaltung von Beziehungen und dem Kontakt zu Bezugspersonen, die für das Kind bedeutsam sind,
  • § die Vertrautheiten des Alltags, die Wohnsituation, Schule und Freunde behalten zu dürfen und
  • § wichtige Rituale des Alltags möglichst beibehalten zu können.

II.1.3 Reaktionen von Kindern und das Verstehen von Symptomen
Um die Scheidung der Eltern verarbeiten zu können, müssen Kinder auch die Möglichkeit haben, in allen Varianten trauern zu dürfen. Diese Trauerprozesse der Kinder sind gesunde Verarbeitungsprozesse zur Wiedererlangung des seelischen Gleichgewichts und mit dem Auftauchen von Symptomen und Reaktionen verbunden.

Eltern müssen in der Beratung deshalb davon in Kenntnis gesetzt werden, dass

  • § Reaktionen von Kindern auf die Scheidung und das Geschehen rund um die Trennung notwendige, gesunde „psychische Maßnahmen“ der Kinder sind, um das seelische Gleichgewicht wieder zu erlangen,
  • § die meisten dieser Reaktionen vom Kind nicht „bewusst gesteuert undinitiiert“ sind, sondern als Ausdruck innerpsychischer Verarbeitungsprozesse verstanden werden müssen, um die erlebten Verluste bewältigen zu können,
  • § bei Kindern, die keine Auffälligkeiten, Reaktionen etc. zeigen, nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie durch die Trennung/Scheidung nicht belastet sind, und
  • § Kinder, die keine Reaktionen zeigen, von den Eltern ermutigt werden sollten, ihre Gefühle auszudrücken, und das Auftauchen von Symptomen (wie beispielsweise Gereiztheit, Aggressionen, erhöhte Traurigkeit, aber auch Einnässen, Schulversagen oder körperliche Symptome) als Form des Ausdrucks von inneren Spannungen verstanden werden kann.

Grundsätzlich ist in der Beratung darauf hinzuweisen, dass Reaktionen, Symptome und Bedürfnisse der Kinder in Abhängigkeit von deren Alter ganz unterschiedlich sein können. Es ist die Aufgabe des Beraters/der Beraterin, die Inhalte diesbezüglich variabel zu gestalten.

Zusammenfassend gesehen soll Eltern vermittelt werden, dass

1. die schmerzlichen Erfahrungen rund um die Scheidung der Eltern und all die damit verbundenen emotionalen Stürme unvermeidbar sind,

2. diese bei allen Kindern, in jedem Alter auftreten und grundsätzlich auch nicht verhindert werden können, von den Eltern aber verstanden und gemildert werden können und

3. damit die Möglichkeit besteht, die Chancen, die in einer Trennung liegen, zu nützen.

II.2 Inhalte, die auf der Elternebene zu vermitteln sind
In der Beratung nach § 95 Abs. 1a AußStrG soll Eltern vermittelt werden, dass aus pädagogischer und entwicklungspsychologischer Sicht die Möglichkeitbesteht, die Trennung von Eltern konstruktiv und ohne traumatische Langzeitfolgen zu verarbeiten.

Um Kinder in diesem Sinne in der Verarbeitung der elterlichen Scheidung unterstützen zu können, ist es allerdings notwendig, dass Eltern darüber informiert werden, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, was sie dazu beitragen und wie sie den Kindern in altersentsprechender Form wichtige Vorgänge – wie etwa die bevorstehende Trennung und deren Konsequenzen – erklären können.

Demzufolge soll Beratung nach § 95 Abs. 1a AußStrG auf der Elternebene folgende inhaltliche Schwerpunkte haben:

II.2.1 Haltungen, Konflikte und die Aufgaben von Eltern
Eltern müssen in der Beratung darüber aufgeklärt werden, dass

  • § es im Hinblick auf die Bedürfnisse der Kinder sinnvoll ist, zwischen „der Ebene als Paar“ und der „Ebene als Eltern“ zu unterscheiden,
  • § die Scheidung dann eine Chance für Kinder bedeuten kann, wenn Eltern bereit sind, die von ihnen verursachte Krise auch annehmen zu können. Das bedeutet jedoch zu erkennen, dass
  • § viele sich trennende oder getrennte Eltern geradezu zwangsläufig in einen schwierigen Konflikt geraten: dass einiges, was die Eltern aufgrund ihrer eigenen Krise, ihrer Kränkungen und Verletzungen und ihrer Angst, die Kinder an den anderen zu verlieren, brauchen würden, um selbst wieder ins Gleichgewicht zu kommen, im Widerspruch steht zu dem, was die Kinder in dieser Zeit brauchen. Typische Beispiele solcher Verhaltensweisen der Eltern: die Loyalität der Kinder sichern, Reduzierung des Kontaktes zum anderen Elternteil, weil die Kinder nach den Besuchen außer sich sind, in den Besuchszwischenzeiten vom anderen nichts hören oder gar reden müssen, die Ersetzung von Mutter oder Vater durch neue Partner …,
  • § dieser Konflikt in der Regel bei allen Eltern in irgendeiner Weise besteht: Dass das, was mir (als Mutter/Vater) guttut, meinem Kind nicht guttut, ja es vielleicht sogar schädigt, gehört zu den schmerzlichsten Einsichten von Eltern, die sich trennen/getrennt haben. Und es ist zweifellos als heroische Leistung anzuerkennen, wenn Eltern es schaffen, diesen Konflikt erstens nicht zu verleugnen und zweitens über den eigenen Schatten zu springen,
  • § es für Kinder in hohem Maß entlastend ist, wenn beide Elternteile – aktiv ansprechend – die Schuld und Verantwortung für die Krise und das Leid des Kindes übernehmen und in diesem Sinne darauf achten, was das Kind für eine entwicklungsförderliche Verarbeitung der Scheidung braucht (sokönnen dem Kind die eigenen Schuldgefühle (vgl. I. 2.1) genommen werden),
  • § Kinder KEINE Schuld an der Trennung haben.

II.2.2 Elterliche Handlungen, die für Kinder entlastend sind
Eltern sollen in der Beratung darüber informiert werden, wie Kinder entlastet werden können. In diesem Sinne soll in den Beratungsangeboten vermittelt werden, dass es für Kinder hilfreich ist, wenn

  • § immer wieder dem Alter und der Befindlichkeit entsprechend die Möglichkeit gegeben wird, über die Scheidung, die damit verbundenen Ereignisse, aber auch diesbezügliche Ursachen zu sprechen,
  • § die Wertschätzung und der Respekt vor dem anderen Elternteil gewahrt wird, da Loyalitätskonflikte sonst neuerlich geschürt werden,
  • § berücksichtigt wird, dass die Kontaktaufnahmen der Kinder mit dem andern Elternteil einen verlässlichen Rahmen brauchen, innerhalb dessen Flexibilität für Sonderregelungen möglich ist,
  • § Kinder nicht als „Spione und Botschafter“ des jeweils anderen Elternteils gesehen und verwendet werden, um Ängste und Konflikte der Kinder nicht zu verstärken,
  • § Kindern das Gefühl gegeben wird, mit ihren Problemen nicht allein zu sein,
  • § Kindern ihre Sorgen und Probleme zugestanden und ihre Anliegen ernst genommen werden,
  • § Zeit und Raum gegeben wird, um neue Partnerschaften der Eltern zu „begutachten“, wobei auch Distanz gezeigt werden darf,
  • § Kinder, die in Patchwork-Konstellationen leben, die Gewissheit haben, denleiblichen Elternteil nicht zu verlieren und diesen auf einzigartige Weise und besonders lieb haben zu dürfen,
  • § Kinder das Recht auf beide Eltern haben und
  • § Eltern sich fachliche Beratung und Unterstützung holen und somit jemanden haben, der ihnen dabei hilft, den Blick auf die Bedürfnisse der Kinder zu bewahren.

II.3 Inhalte zur Gestaltung des familiären Alltags
Die inhaltlichen Richtlinien zur Gestaltung des Alltags sollen den Eltern Informationen darüber geben, in welcher Art und Weise in den „alltäglichen Dingen“ des Lebens Kinder unterstützt und entlastet werden können. Die im Folgenden genannten inhaltlichen Empfehlungen können als beispielhaft verstanden werden und sind als Auszug auch der Ergebnisse der Fachtagung gedacht. Sie können je nach Einschätzung des Beraters/der Beraterin in den jeweiligen Beratungsangeboten auf die Fragen der Eltern abgestimmt werden.

Im Hinblick auf die Gestaltung des familiären Alltags soll den Eltern vermittelt werden, dass es für ihre Kinder unterstützend sein kann, wenn

  • § sie sich über die Besuchskontakte und wichtige Feste im Leben der Kinder einig sind,
  • § Eltern je nach Möglichkeit Schulfeste, Sport- und Freizeitaktivitäten der Kinder auch fallweise gemeinsam besuchen,
  • § Möglichkeiten zur spontanen Kontaktaufnahme „auf dem kurzen Weg“ (Telefon etc.) bestehen,
  • § sie sich für wichtige Belange des Kindes (bspw. Haustiere) gemeinsam engagieren und dem Kind auch auf diese Weise vermitteln, dass es ihnen wichtig ist,
  • § Kinder (egal welchen Alters) auch bei jedem Elternteil „Übergangsobjekte“ haben, also Dinge, die – weil sie für die Kinder von emotionaler Bedeutung sind oder den abwesenden Elternteil symbolisieren (hier z. B. Fotos) – als „Brückenbauer“ fungieren (zwischen den zwei verschiedenen Wohnorten) sowie
  • § akzeptiert wird, dass es für Kinder wichtig ist, bei Mama und Papa „zu Hause zu sein“ und die Wohnsituationen der Kinder danach ausgerichtetsind.

Paar- & Familienberatung

Paar- & Familienberatung 814 543 Ewald Zadrazil

Manche Paarkonflikte lassen sich schwer im Rahmen des Beziehungsalltags lösen. Oft verstrickt sich das Paar in sich wiederholende Auseinandersetzungen oder Verhaltensweisen, die von beiden Partnern mühsam und verletzend empfunden werden. Gegenseitige Schuldzuweisungen behindern eine zufrieden stellende Lösung.

In dieser Situation kann Paarberatung oder Paartherapie helfen, verschüttete Fähigkeiten, die zur Beziehungsweiterentwicklung notwendig sind, zu mobilisieren.

Sexuelle Schwierigkeiten, Probleme mit Kindern, Außenbeziehungen, ständiges Streiten, Langeweile, usw. sind oft nur die Symptome für tiefer liegende Konflikte, die ihren Ursprung in der Geschichte des Paares oder auch in den Herkunftsfamilien der Partner haben können.

Ziel der Paarberatung/Paartherapie ist es, verfestigte Verhaltensmuster zu erkennen und Unerledigtes aus der persönlichen- oder der Paargeschichte abzuschließen, damit Freude und Lust in der Partnerschaft wieder Platz haben.

Methodik:

  • Eheberatung

  • Paarberatung

  • Ehe & Paartherapie

  • Beratung – Patchworkfamilie

  • Beratung in Krisen: Schule, Beruf, Drogen, Missbrauch, usw.

Themen:

  • Begleitung durch den Scheidungsprozess (Trennungsprozess)

  • Belastung durch eine Außenbeziehung

  • Seitensprung

  • Sex, Lust, Frust in der Beziehung

  • Reflexion von Erotik für beide Partner

  • Tabu – Themen besprechen

  • Verletzung, Enttäuschung

  • Langeweile in unserer Beziehung

Fragestellungen:

  • Wie können wir wieder zueinander finden?

  • Wie sagen wir es den Kindern?

  • Bin ich bereit für eine neue Beziehung?

  • Trennung, wie geht es weiter?

  • Reflexion: was kann ich aus der gescheiterten Beziehung lernen?

  • Wie gehe ich nach der Trennung mit meinen Ängsten um?

  • Wie können wir die Lust am Sex wieder finden?

  • Wie gehe ich mit den Kinder(n) meiner neuen Partner(in) um?

  • Ich muss mich entscheiden und weiß nicht für welchen Menschen?